Geschichte von Gutenzell
Gutenzell, eingebettet in das Tal der Rot, entstand Ende des 15. Jahrhunderts vor den Toren des Klosters ("bona cella" = Gute Zelle). Schon im 12. Jahrhundert stifteten zwei Schwestern aus dem Geschlecht der Edelfreien von Schlüsselberg unterhalb der ergiebigen Gutenzeller Ursprungsquelle ein Kloster ("cella dei" = Gottes Zelle). Die Stammburgen der Edelfreien von Schlüsselberg lagen in der Umgebung von Gutenzell beim heutigen Gutenzeller Waldfriedhof, am oberen Ilgenweiher und auf dem Moosbachkopf bei Kirchberg.
Durch den Zisterziensermönch Transmundus aus Clairvaux wird in Cursus, einer strengen Form mittelalterlicher Kunstprosa, die "Geschichte des Rudolf von Schlüsselberg" überliefert. Dieser verlässt seiner aussätzigen Frau wegen alles Hab und Gut, die Heimat und seine beiden Kinder, um in Portugal gegen die Sarazener zu kämpfen. Und wenn man liest, dass er sich dabei unter Einsatz seines Lebens auch den Zutritt zur "Quelle der Gesundheit" erstreitet und so erreicht, dass seine Frau wieder gesund wird, dann ist man geneigt, in der sagenhaften Schilderung den Anknüpfungspunkt zur ersten, vorzisterziensischen Gutenzeller Klostergründung zu suchen, die zu Ehren der Schutzpatrone bei Pest und Aussatz, St. Kosmas und St. Damian, erfolgte.
Dieser ersten, vom Orden her noch unbenannten, Gutenzeller Klostergründung folgte dann im Jahre 1237 eine Wiederbegründung oder Bestätigung im zisterziensischen Ordensgeiste. Eine wesentliche Förderung erfuhr das Kloster dabei durch das Geschlecht derer von Aichheim (Illereichen), dem auch die erste zisterziensische Äbtissin, Mechthilda von Aichheim (1237 bis 1243) entstammte. Dieses neugegründete Kloster erhielt mit der Bulla protectionis von 1238 päpstliche Anerkennung durch Gregor IX. Nach einem großen Brand zwischen der Erstgründung des 12. Jahrhunderts und der zisterziensischen Bestätigung von 1237/1238 unterstützte der Adel der Umgebung den Wiederaufbau. Weitere Brände in den Jahren 1522 und 1647 führten zu umfassenden Neuanlagen der Klosterbauten. Die unter dem Klosternamen "bona cella" lebende Gemeinschaft meist adeliger frommer Frauen gab dem Dorf ihren Namen, in dem aus "Gute Zelle" Gutenzell wurde. Als Reichsabtei besaß das Kloster Sitz und Stimme auf Reichs- und Kreistagen. Den Blutbann erhielt Gutenzell 1685 zunächst als Pfand-, 1768 als salemisches Afterlehen. Die geistliche Aufsicht übten bis 1753 der Abt von Salem und danach der Abt von Kaisheim aus. Bei der Säkularisation im Jahre 1803 kam das Klostergebiet an Graf von Toerring, seit dem Jahre 1806 steht es unter württembergischer Staatshoheit. Im Jahre 1474 wurde die Klosterkirche St. Kosmas und Damian zugleich Pfarrkirche des Dorfes Gutenzell. Spuren im Mauerwerk des Gotteshauses weisen bis in das 12. Jahrhundert zurück.
Die wertvollen Paramente und Reliquienfassungen sowie eine der schönsten Barockkrippen Süddeutschlands geben Zeugnis von dem unendlichen Fleiß, dem Sinn für das Schöne und dem großen manuellen Geschick der Gutenzeller Klosterfrauen. Die Barockkrippe lässt jedes Jahr um die Weihnachtszeit Tausende von Krippenfreunde nach Gutenzell kommen. Überhaupt spürt man in Gutenzell die noch immer lebendig gebliebene Tradition eines klösterlichen Ortes. Dies macht sich besonders dann bemerkbar, wenn, einem alten Brauch folgend, im September die Reiter des schwäbischen Oberlandes vom früheren Klosterhof aus durch die Wälder und Fluren betend zur Wendelinuskapelle ziehen, oder wenn an hohen Festtagen des Kirchenjahres in dem prachtvoll erneuerten spätbarocken Kirchenraum des Dominikus Zimmermann, im Glanz und Schmuck der hier gefertigten Paramente und der reichen Innenausstattung, noch freudig und feierlich, wie zu alten Zeiten, das Lob Gottes erklingt.
Der Klosterhof, früher eine Torwache, hat als Torgaststätte Tradition, die bis ins letzte Jahrhundert zurückreicht.